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Michelsberg





Zerstörung und Wiederaufbau eines alten Kirchleins
Eine Erinnerung an den 6. Mai 1836

(Teil 1 vom 5. Mai) Das Fest Michael Erscheinung am 8. Mai wird wiederum Tausende von Verehrern des Gottesstreiters veranlassen, zum Wallfahrtskirchlein auf dem Michelsberg zu pilgern. Auf diese die nordöstliche Vordereifel beherrschende Höhe, die schon als ganz namenloser Berggipfel eine römische Warte getragen hat, dann als Odin-Berg zu fränkisch-heidnischen Kultstätte wurde, bis vom Kloster Münstereifel aus das Christentum dort oben einzog und der Berg dem hl. Michael weihte! Seit mehr als 600 Jahren ist das Kirchlein auf dem Michelsberg dann als Gnadenstätte bekannt und berühmt geworden. Schwere Zeiten hatte es während der französischen Fremdherrschaft zu bestehen, welche die Pilgerzüge nach dem Berge lahm legte und 1812 mit dem Abbruch der Kapelle drohte. Damals traten die Gemeinden Schönau, Mahlberg, Effelsberg und Mutscheid auf den Plan, die unter Führung des Pfarrers Johann Müller von Schönau den Bischof Berdolet bestürmten, die Michaelskirche doch für das 45 Häuser zählende Dorf Mahlberg zu erhalten. Es gelang. Aber in den folgenden Jahren mußten alle Kräfte angestrengt werden, um die vom völligen Verfall bedrohte Kapelle instand zu setzen und die Wallfahrt in der alten Weise wieder herzustellen. Widrige Umstände verschiedenster Art, auf die einzugehen hier zu weitgehen würde, hinderten diese Bemühungen, bis endlich durch mehrere Stiftungen des Friedensrichters Wülffing *) von Münstereifel sowohl die Restaurierung des Kirchleins als auch der Gottesdienst dort sichergestellt wurde. So konnten die Verehrer des mächtigen Erzengels im Jahre 1835 aufatmen. Die Michaels-Oktav sah die Kapelle wieder von zahlreichen Prozessionen umgeben im alten Glanze.


Die alte, am 6. Mai 1836 zerstörte Kirche auf dem Michelsberge. - Photo: Volksblatt-Archiv

Bald nachher aber traf den Michelsberg der schwerste Schicksalsschlag, den er je erlebt hatte. Es war an einem schönen Frühlingstage, dem 6. Mai 1836. Auch auf den Bergeshöhen war die Natur schon zu neuem Leben erwacht. Man rüstete sich auf dem Michelsberge, um das Gotteshaus und seine Umgebung für die bevorstehende Festoktav zu richten. Während der Mittagsruhe zog plötzlich ein Gewitter auf. Dunkle Wolken ballten sich um die hochragende Bergkuppe zusammen. Die Leute aus Mahlberg und Esch, die sich eben anschickten, wieder zum Kirchlein hinaufzusteigen, sahen mit lähmendem Schrecken die elektrischen Entladungen, die das Gotteshaus umtobten. Dazu erhob sich ein mächtiger Sturm, der die Wolken jagte, die noch immer mit dem Regen zurückhielten. Plötzlich fuhr ein Blitz in den Turm der Kapelle. Gleich nachher schlugen die Flammen aus dem Turm, von dem Sturm alsbald zur hellen Glut entfacht. Von allen Seiten eilten schreckensbleich die Helfer herbei, aber bei dem Fehlen von Wasser war an ein Löschen des rasend um sich greifenden Feuers nicht zu denken. Die Retter mußten sich darauf beschränken, die Paramente, die heiligen Gefäße, den Schmuck der Altäre, die Michaelsstatue, ja sogar die Beichtstühle aus der brennenden Kapelle und aus dem Priesterhause die Möbel zu retten. Dann standen sie in wortlosem Schmerze, von Schauern ergriffen, und sahen dem Toben des entfeselten Elementes zu, das in wenigen Stunden die uralte Gnadenstätte bis auf die Mauerreste des Chores und des Schiffes und den Turmstumpf zerstörte.

Die ganze Vordereifel war Zeuge dieses schaurigen .....

[fehlt: EVB Nr. 104 vom 5. Mai 1936 - rechte Spalte .... rigen....]

(Teil 2 vom 6. Mai) Die Bemühungen um den Wiederaufbau des Michaelskirchleins setzten sofort ein, abe es dauerte volle zwanzig Jahre, bis sie zu einem günstigen Ergebnis führten. Insbesondere bemühte sich der Jubilarpriester Kolvenbach, ein ehemaliger Münstereifeler Stiftsvikar, darum, der bereits genannte, inzwischen nach Bocklemünd versetzte Pfarrer Zinken erließ einen Aufruf in der Kölnischen Zeitung, der aber kein Echo fand. Die Zeit war eben für den Wiederaufbau von Wallfahrtskirchen nicht günstig. Die Regierung in Köln lehnte die Genehmigung einer Kollekte ab. Oertliche Schwierigkeiten kamen hinzu, sodaß der Wiederaufbau nicht in Angriff genommen wurde.

Erst im Jahre 1856, nachdem der Münstereifeler Gymnasialdirektor Katzfey und sein Religionslehrer Dr. Roth den Boden gründlich vorbereitet hatten, brachte ein Besuch des Kardinals Johannes von Geissel in Münstereifel zum Zwecke der Einweihung des Knabenkonvikts Josephinum die Wendung. Der Kardinal selbst setzte sich mit einem Betrage von 25 Talern an die Spitze der Sammelliste. Der Dechant Büdgenbach von Iversheim nahm die Sache energisch in die Hand. Eine Kirchenkollekte erbrachte im Dekanat Münstereifel 400 Taler, im Dekanat Euskirchen 77 Taler, im Dekanat Rheinbach 65 Taler, im Dekanat Steinfeld 54 Taler. Die Gemeinde Schönau stellte das Stiftungsvermögen der Kapelle mit 720 Talern zur Verfügung, dazu weitere 100 Taler aus eigenen Mitteln. Mahlberg steuerte seinen Erlös aus dem Flamersheimer Erbenwald mit 150-200 Talern bei. Verschiedene Gemeinden boten Eichenholz im Werte von 180 Talern an, dazu Spanndienste und Lieferung von Sand. Einschließlich des Erlöses für die verkaufen Utensilien der Kapelle und des Priesterhauses von 182 Talern und er Brandkassen-Entschädigung von 149 Talern stand nun ein Baukapital von 2148 Talern zur Verfügung, mit dem das unter dem Vorsitze des Dechanten Büdgenbach gebildete Baukomitee, dem aus Münstereifel der Oberpfarrer Weber, der Religionslehrer Roth und die Kaufleute Wolff, Bollenrath und Heinrichs, ferner die Pfarrer Decker von Kirchheim und Eckard von Mudscheid, sowie der Gemeindevorsteher Ohlert von Mahlberg angehörten, mutig ans Werk ging. Im September 1860 war endlich der Bau vollendet, der Turm hatte aber noch keinen Helm, und für die Ausstattung des Kirchleins waren keine Mittel mehr vorhanden. Da setzten sich die Münstereifeler Schützen unter Führung ihres Schützenmeisters Hillebrand, unterstützt von dem späteren Oberpfarrer von Monschau Pauly und dem Lehrer Radermacher, dafür mit einem Aufrufe zu einer Lotterie ein, deren Gewinn darin bestehen sollte, daß der Name des glücklichen Preisträgers als der Stifter des Altares gelten sollte. Ueber 4000 Verehrer des hl. Michael aus der ganzen Eifel bis Aachen, Trier, Köln und Bonn kauften Lose zu fünf Silbergroschen. Das Glückslos zog Barbara Daniels aus Münstereifel, deren Name noch heute in dem Kirchlein zu lesen ist.


Die Michaelskirche in ihrer jetzigen Gestalt - Photo: Volksblatt-Archiv

Am 1. Oktober 1860 fand die feierliche Weihe der neuen Kapelle durch den Dechanten Büdgenbach statt. Eine neue Blütezeit für die Michaels-Verehrung auf dem ragenden Eifelberge brach an. Von Rom aus wurde die Ablaßverordnung des Papstes Clemens XI. für die Michaels-Bruderschaft erneuert. Die Zahl der regelmäßigen Prozessionen aus den Kreisen Rheinbach, Euskirchen, Schleiden und Adenau nahm mit jedem Jahre zu. In den Jahren 1896 und 1904 bestätigten die Päpste Leo XIII. und Pius X. die alten Ablässe des St. Michaelskirchleins. Am 29. September 1927 wurde das 600jährige Bestehen der Michaelsverehrung auf dem Michelsberge in festlicher Weise gefeiert. Mit dem Weihbischof Dr. Hammels waren Domvikar Hinsenkamp, Archivdirektor Dr. Lohmann, Bibliothekar Dr. Heusgen aus Köln und zahlreiche Geistliche aus dem ganzen Umkreise, sowie eine Reihe weltlicher Ehrengäste erschienen. Reichspräsident von Hindenburg sandte ein herzliches Glückwunschschreiben.

Das Kirchlein auf dem Michelsberg hat seitdem immer neue Freunde und Verehrer gefunden. Insbesondere ist es auch ein beliebtes Wanderziel geworden. Es ist - neben seiner religiösen Weihe - ein Schauinsland von unübertrefflicher Schönheit. In den nächsten Tagen wird es - eingedenk der Katastrophe vor hundert Jahren, wieder Tausende von gläubigen Menschen um sich sehen.

*) Anm. Karmantan.de: Wülfing

Quelle: Euskirchener Volksblatt Nr. 104 vom 5. und Nr. 105 vom 6. Mai 1936
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