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Michelsberg





Der Michelsberg in der Eifel
Die Kapelle und ihre Vergangenheit
Von A. Moll

Es gibt alte, ehrwürdige Bauten, Burgen, Schlösser, die in jedem Fremdenführer angezeigt sind, aber es gibt auch verborgene Denkmäler alter Zeit, um die wenig Menschen wissen. Zu ihnen zählt die Wallfahrtskapelle auf dem Michelsberg in der Eifel, geht doch die Verehrung des hl. Michael daselbst bis in das erste Drittel des vierzehnten Jahrhunderts zurück.

Herb ist das Schicksal dieses Kirchleins, das vom hohen, grünen Berg in die Eifellande grüßt.

Es ist die höchste, isolierte Kuppe der ganzen Vordereifel. Bis zum Ende des 8. Jahrhunderts hatten die heidnischen Franken auf dem Michelsberg eine Opferstätte, daran ist nicht zu zweifeln. Ohne Grund erhält sich eine Tradition nicht, und der Name des Dörfchens Mahlberg, das zu Füßen des Berges liegt, ist ein Beweis für die Richtigkeit. Der Name Mahlberg ist ursprünglich nicht dem Dorfe, sondern dem hohen, das Dorf überragenden Berg gewesen; erst in christlicher Zeit, als der spätere Michelsberg kein „Mahlberg“ mehr war, als Dorfname geblieben. Die alten deutschen Wörter „Mahal, mahel, mâl“ bedeuten aber Gerichts- und Opferstätte. Wann der heidnische Kult auf dem Michelsberg endete, ist nur annähernd zu sagen, etwa um das Jahr 893.


Die Kapelle auf dem Michelsberg vor dem Umbau - Zeichnung: Jean Spessart

Wann die Anfänge der Verehrung des hl. Michael begannen, ist nicht leicht zu sagen, man vermutet das 11. Jahrhundert, da um diese Zeit auch der Godesberg nachweislich eine Michelskapelle trug. Fest steht aber, daß zu Ende des 15. Jahrhunderts die erste Kapelle auf dem Michelsberg als zu klein befunden wurde und durch die exponierte Lage schon gelitten hatte, daß sie ersetzt werden mußte. Um diese Zeit erbaute das Haus Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein die zweite Kapelle von der heute noch Teile erhalten sind und auf das jahr 1500 schließen lassen. Aus der Zeit von 1600 ab berichtet ein Jesuitenbüchlein. Es schreibt, daß seit langer Zeit eine jährliche Prozession von Münstereifel zum Michelsberg gebräuchlich gewesen sei und daß im Jahre 1607 die ganze hochlöbliche Klerisei, Bürgermeister und Rat samt Bürgerschaft sich einhellig aufgemacht und dann Prozessionsgang angetreten haben. Sodann haben die Teilnehmer ein Gelübde gemacht, in jedem Jahre eine Wallfahrt zu machen. Die Ausübung zeigt sich schon im Jahre 1611, wo sich die ganze Stadt Münstereifel, Männer, Frauen, Söhne, Töchter, Knechte und Mägde einträchtig ihrem Schutz- und Schirmherrn ergeben und in die Bruderschaft haben einverleiben lassen. Die Teilnahme von weit und breit wurde allgemein, so daß die Jesuiten freudig berichten konnten: „Endlich ist das Aufnehmen in die Sodalität soweit gekommen, daß unter der Geistlichkeit kein Prälat, kein Dechant, kein Pfarrer unter der Ritterschaft kein Amtmann noch Edelmann, kein Vogt, kein Schultheiß, kein Rentmeister samt deren Ehegattinen im Lande zu finden gewesen, so nicht eingetragene Mitglieder dieser Sodalität.“

1632 übergab Graf Karl von Manderscheid-Gerolstein den Jesuiten die uralte Verehrungsstätte. Unverkennbar ist die große Liebe, mit der sie an dieser schlichten Kapelle gehangen haben. Es ist die Glanzzeit des Berges, wie sie vorher und nachher niemals erreicht wurde. Gemäß der kirchlichen Liturgie wurde St. Michael auf dem Eifelberge als Seelenführer und Fürsprecher für eine glückselige Sterbestunde verehrt. Da aber die Mehrzahl Landleute waren, so wurde er auch Hauptpatron der Landleute in irdischen Nöten. So erflehten sie Hilfe bei Viehseuchen, oder wenn Dürre oder Regenzeit die Ernte in Frage stellten.

Auch die Ungunst der Kriegszeiten vermochte nicht den Besuch verhindern. So wird berichtet, daß im Jahre 1680 acht Priester den Andrang zur Beichte während der Oktav nur mit Mühe bewältigen konnten. Vom Jahre 1685 ab kamen auch aus der Stadt Köln große Prozessionen. Sie gebrauchten zum Hin- und Rückweg drei Tage. Die feierlichste aller Kölner Prozessionen war die des Jahres 1687. Die Schüler des Gymnasiums Münstereifel, von den Lehrern geführt, erwarteten die Kölner Pilger vor den Toren der Stadt, obschon es fast Mitternacht wurde, ehe die von der Glut des heißen Tages Erschöpften ankamen. Man begleitete sie am anderen Tage zum Michelsberg.

Die Jahre, die folgten, waren die der Raubkriege Ludwig XIV. Die Kapelle litt bei den Raubzügen nicht geringen Schaden. Wallfahrten waren unmöglich. Erst im Jahre 1692 begannen sie wieder. In dieser Zeit entstand das Priesterhaus an der Turmseite, aus freiwilligen Spenden errichtet, auch ein Altar im Freien. 1700 wurde die Kapelle von Dieben heimgesucht, die alles Tragbare entwendeten. Im Jahre 1711, so lautet ein Bericht, war der andrang so groß, daß man glauben sollte, die ganze Eifel sei ausgewandert zum hl. Berg. Es wurde das Dach erneuert und eine Außenkanzel gebaut.

In einer Winternacht 1736 erbrachten Diebe wieder das Gotteshaus und raubten die hl. Geräte, man stellte die Diebe in Reifferscheid, sie büßten mit dem Tode durch den Strang.

Eine trostlose Zeit begann am 1. Juni 1773, der die Aufhebung des Jesuitenordens brachte. Es war ein großes Verhängnis für den Berg. Alles blieb einsam und verlassen liegen. Die in Auftrag gegebenen Stationen und Kreuze haben den Berg nie gesehen, die Blütezeit hatte ein jähes Ende gefunden. Erst im Jahre 1802 vermochte der geistliche Direktor Fey, der nicht nur als Retter des Münstereifeler Gymnasiums zu nennen ist, es durchzusetzen, daß das alte Stiftvermögen der Eiflischen Missionen mit dem Reste des Gymnasiumvermögens vereinigt wurde und so vermochte er auch den verfallenen Michelsberg zu retten. Doch kaum war diese Sorge behoben, als durch die Franzosen dem Berg neue Gefahr drohte. Aber Pfarrer Johann Müller von Schönau und die Gemeinden Mahlberg, Effelsberg und Mutscheid ersuchten den Bischof, die Michaelskapelle für das 45 Häuser zählende Dorf Mahlberg zu erhalten, da die Leute bei hohem Schnee und grimmiger Kälte nicht zur Pfarrkirche kommen könnten. Der Ruf blieb unerhört, im Gegenteil steigerte sich bis 1813 die Gefahr und blieb bestehen, bis 1815 die Fremdherrschaft der Franzosen ein Ende fand und die Eifel mit den Rheinlanden an Preußen fiel. 1828 gewann die Michelskirche einen großen Freund, Theodor Josef Wülfing zu Münstereifel, der der Kirche durch Spenden zu neuem Glanz verhalf. Der schwerste Schicksalsschlag traf das Gotteshaus am 6. Mai 1836, als der Blitz einschlug und zündete. Der Sturm fachte das Feuer zu heller Glut und vernichtete in wenigen Stunden alles - bis auf Chor, Seitenmauern und Turmstumpf.

Eine Wendung zum Guten ist Religionslehrer Dr. Roth zuzuschreiben. Als Kardinal von Geißel in Münstereifel das Konvikt weihte, schlug auch die Auferstehungsstunde des Michelsberges. Dr. Roth verstand es, den Kardinal für seinen Plan zu gewinnen, der eine Kollekte für den Kapellenbau bewilligte. Eine Lotterie erbrachte neue Mittel, und am 1. Oktober 1860 fand die feierliche Weihe statt. Das Jahr 1869 brachte die Erbauung des noch fehlenden Turmhelmes, auch erhielt er zwei Glocken. In den Jahren 1896 und 1904 haben die Päpste Leo XIII. und Pius X. die alten Ablässe des Michelsberges erneuert.

Großes, Geheimnisvolles liegt über dieser heiligen Stätte. Als ich abends vom Michelsberg schied, ging die Sonne unter; über den Dächern von Mahlberg lagen rauchgraue blaubleiche Abendschatten. Oben aber, auf dem hl. Berge, spiegelte sich das Abendrot in den Scheiben des Kirchleins. Und während ich den grünen Berg hinabstieg, war es mir, als hörte ich Räte und Magister, in schweren Amtsgewändern, Pilger und Mönche aller Jahrhunderte ziehen und beten:

„Zum Berg der Gnaden gehen wir,
St. Michael dort ehren wir;
Ihm Leib und Seele schenken dar,
Das woll' bewahren alle gar. Kyrie!“

Quelle: Euskirchener Volksblatt am Sonntag, 20. Mai 1950
Artikelsammlung Pfarrer Andreas Pohl, Blens (aus: Nachlaß Elisabeth Schumacher), Sammlung Marliese Wintz, Kreuzau
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